MEILENSTEIN: S3-Leitlinien Versorgung seltener, genetisch bedingter Erkrankungen der Zähne (VersSeErZ) veröffentlicht

Zahnärztinnen und Zahnärzte können sich bei der Behandlung von seltenen, genetisch bedingten Zahnerkrankungen jetzt erstmals auf eine S3-Leitlinie stützen. Ein vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördertes Projekt hat die evidenzbasierten Empfehlungen (entsprechend des Regelwerks der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF, mehr dazu weiter unten) neu entwickelt. Auch eine begleitende Patienten-Leitlinie wurden entwickelt.

Bislang fehlten systematisch entwickelte Behandlungsempfehlungen, obwohl Betroffene von früher Kindheit an und lebenslang eine zahnärztliche Betreuung benötigen, denn mögliche Befunde können z. B. fehlender oder gestörter Zahnschmelz, vorzeitiger Zahnverlust oder die Nichtanlage von Zähnen sein. Diese Lücke wird nun durch die erfolgreiche neuentwickelte S3-Leitlinie geschlossen.

Darin werden die seltenen, genetisch bedingten Zahnerkrankungen anhand der Leitsymptome gebündelt, optimale Behandlungsstrategien für Kinder, Jugendliche und Erwachsene beschrieben sowie neue, digitale Fertigungstechnologien bei der prothetischen Versorgung beurteilt. Die Leitlinie gilt für Betroffene ohne bzw. mit Syndromen bzw. Komorbiditäten. Die Leitlinie soll Betroffenen bzw. Eltern/sorgeberechtigten Personen als Orientierungs- und Entscheidungshilfe dienen.

Federführende Fachgesellschaften sind die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde (DGZMK), für Prothetische Zahnmedizin (DGPro), für Humangenetik e. V. (GFH) und für Kinderzahnheilkunde e. V. (DGKiZ).

Die Deutsche Gesellschaft für Osteogenesis imperfecta (Glasknochen) Betroffene e. V. (DOIG) hat als beteiligte Fachgesellschaft/Organisation die Patienteninteressen vertreten, namentlich war Claudia Finis hier im Einsatz. Zu den Symptomen der Osteogenesis imperfecta kann die ebenfalls genetisch bedingte Dentinogenesis imperfecta (DI) gehören, bei der das Dentin, also die Zahngrundsubstanz, gestört ist.

Als Adressaten der Leitlinie gelten Betroffene von seltenen Erkrankungen der Zähne, angewendet werden sie vonZahnärzte, Fachzahnärzte, dem zahnmedizinischen Fachpersonal sowie Angehörigen der Gesundheitsberufe, die an der Diagnostik und Versorgung der genannten Betroffenengruppe beteiligt sind.

Die Leitlinie erstreckt sich ausschließlich auf den Versorgungsbereich der primär-zahnärztlichen, ambulanten Versorgung.

Das S steht beim S-Klassifikationsschema für das Ausmaß der angewandten Systematik bei der Entwicklung der Leitlinie. Die 3 ist die höchste Klassifikation und verweist auf alle Elemente einer systematischen Entwicklung und auf die Vertretenden von Fachgesellschaften und Organisationen, inklusive Patienten und Patientinnen, die frühzeitig eingebunden werden.

Mehr Informationen: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/083-048

Claudia Finis und mit ihr die DOIG hoffen, dass Prof. Dr. Jan Kühnisch, einer der beiden Projektkoordinatoren, bei seinem Vorhaben bleibt und weiter die Absicht verfolgt, für Betroffene bessere Konditionen bei der Kostenübernahme zu erkämpfen. Die DOIG wird diesen Prozess nach Kräften unterstützen.