Diagnose

Nur wer richtig diagnostiziert ist, hat die Chance, auch richtig behandelt zu werden.

„Die Ärztin oder der Arzt muss deshalb im Regelfall alle möglichen Ursachen für die Beschwerden der Patientin oder des Patienten nachgehen. Selbst wenn sich eine bestimmte Diagnose aufdrängt, kann es daher geboten sein, auch andere weniger naheliegende Erklärungen in Betracht zu ziehen.“,

heißt es im „Ratgeber für Patientenrechte. Informiert und selbstbestimmt“, der im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung herausgegeben wird (Stand: Juni 2022. S. 40).

Bei Osteogenesis imperfecta (OI), aber auch bei anderen Seltenen oder Ultra-Seltenen chronischen Erkrankungen sind Eltern von noch nicht oder falsch diagnostizierten Kindern einem besonderen Risiko ausgesetzt: dem Verdacht der Kindesmisshandlung. Vielen Notfallärzten und -ärztinnen drängt sich bei Frakturen im Kindesalter dieser Verdacht verständlicherweise auf und sie informieren das Jugendamt, das entsprechend handeln muss.

Die DOIG setzt sich dafür ein, dass früh und schnell genetisch diagnostiziert wird, ob eine der vielen möglichen Formen von OI oder eine andere Seltene Erkrankung der Knochen oder des Stoffwechsels vorliegt. Sie will Jugendämter und andere Entscheidungsträger für dieses Thema sensibilisieren.

Der DOIG sind Fälle bekannt, in denen den Eltern in der Folge das Sorgerecht entzogen wurde und die Kinder, häufig noch im Säuglingsalter, in Pflegefamilien kamen. In bisher allen Fällen hat sich nach einer entsprechenden Diagnose (Gentest) der Verdacht nicht erhärtet, der Schaden aber ist bereits passiert, mit allen bekannten emotionalen Belastungen und Folgen, die aus Trennungserfahrungen und gestörten Bindungserfahrungen sowohl für Eltern als auch für Kinder hervorgehen (Verzweiflung, Schuldgefühle, defizitäre frühkindliche Selbstregulation, Auffälligkeiten im Schlafverhalten, Trennungsängste auf beiden Seiten, um nur einige zu nennen). Hinzu kommt, dass die bis dahin nicht diagnostizierten Kinder natürlich auch keine entsprechende Therapie erhalten haben.

In der Mitgliederzeitschrift „Durchbruch“ wird deshalb immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Wichtigkeit einer Diagnose hingewiesen. Ute Wallentin, Mitglied im Vorstand, hat in Ausgabe 04/21 dazu in ihrem Artikel „Eine Diagnose ist für Betroffenen unabdingbar!“ (Download PDF) aus ihrer Arbeit und Erfahrung als Betroffenen-Beirätin berichtet.

In Ausgabe 04/22 haben wir drei Artikel übersetzt, die erstmals im (Online-)Magazin unserer europäischen Dachorganisation OIFE (https://oife.org/news-resources/oife-magazine/) erscheinen sind. (Downlaod PDF) Sie behandelt die Frage „Kindesmisshandlung oder OI?“ aus der Sicht einer (zu Unrecht) verdächtigten Mutter, einer pädiatrischen Radiologin und eines Humangenetikers.

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